Bürgerstiftung hilft unbürokratisch
Mit einer kleineren finanziellen Unterstützung lassen sich gelegentlich große Probleme lösen. Diese Erfahrung machte gerade Constance Ovona aus Kamerun, die an der Hochschule Furtwangen Wirtschaftsinformatik studiert.
Froh über die Unterstützung durch die Bürgerstiftung Furtwangen ist Constance Ovona (links), die dringend eine Pass für ihren zweijährigen Sohn Colin (Mitte) benötigte. Rechts Bettina Rutschmann, die seitens der Bürgerstiftung den Kontakt zu Constance Ovona pflegte.
Furtwangen. Mit einer kleineren finanziellen Unterstützung lassen sich gelegentlich große Probleme lösen. Diese Erfahrung machte gerade Constance Ovona aus Kamerun, die an der Hochschule Furtwangen Wirtschaftsinformatik studiert.
Die alleinerziehende Mutter benötigte für ihren zweijährigen Sohn Colin dringend einen Pass. Doch einen solchen darf nur die Botschaft des Landes vor Ort ausstellen. Die aber ist weit weg, etwa in Berlin. Geld für eine Fahrt dorthin und die Kosten für den Pass hatte die 25-jährige Afrikanerin aber nicht. Jutta Kolberg von Diakonischen Werk empfahl ihr, bei der Bürgerstiftung Furtwangen nachzufragen. Und tatsächlich stellte diese die benötigte Summe für die Fahrt zur Botschaft und die Kosten für den Pass schnell und unbürokratisch zur Verfügung.
Finanziell lebt die Hochschul-Studentin ohnehin am Limit. Staatliche Unterstützung erhält sie keine. Glücklicherweise war sie bei ihrer Suche nach einer Arbeit im Altenheim St. Cyriak fündig geworden. Damit kann sie Miete und Nebenkosten sowie die Versicherungen für sich und Sohn Colin bezahlen. Den Rest steuern ihre Geschwister bei, die in Kamerun bereits alle arbeiten. Beim Umtausch der Landeswährung in Euro bleibt allerdings nicht allzu viel übrig. Auch der Vater des Kindes unterstützt sie gelegentlich, doch er ist selbst noch in der Ausbildung. So lebt die Studentin finanziell stets sehr knapp und zeigte sich über die Unterstützung durch die Bürgerstiftung hoch erfreut.
Ihr Abitur hatte Constance Ovona in Kamerun abgelegt. Nach einem Besuch in der Schweiz hatte sie sich dazu entschlossen, ein Jahr als Au-pair-Mädchen in Deutschland zu arbeiten, in der Nähe von Kirchzarten fand sie eine Stelle. Auch Deutsch musste sie erst einmal lernen.
Da Wirtschaftsinformatik als Studienfach in Freiburg nicht angeboten wird, sah sie sich nach einem anderen Hochschulstandort um. Eine Bekannte erzählte ihr von der Hochschule Furtwangen. Zuerst wohnte sie noch in Freiburg und fuhr mit dem Bus zu den Lehrveranstaltungen, doch wegen des Kindes entschloss sie sich dazu, ganz nach Furtwangen zu ziehen.
Weiterer Vorteil: Colin ist tags über im Kinderhaus gut aufgehoben, die Wege sind kurz und zu Fuß ohne Probleme zurückzulegen.
Im Altenheim St. Cyriak verdienst sie sich ihr Geld für das Studium
Das Studium in Furtwangen gefällt ihr. „Das Leben ist hier allerdings ganz anders als in Kamerun, dort spielt die Familie eine viel bedeutendere Rolle“, meint sie nachdenklich. Sie selbst ist mit 18 Geschwistern aufgewachsen, elf Kinder stammten von ihrer Mutter, dazu kamen weitere Kinder, die der Vater mit anderen Frauen hatte und die ebenfalls in der Familie lebten.
Constance Ovona ist das einzige Kind, das in Europa studiert. Geld für einen Ferienbesuch in der Heimat hatte sich bisher nicht, denn die Flüge nach Afrika sind teuer. Allerdings war ihre Mutter zur Geburt von Colin gekommen und konnte sechs Monate lang bleiben.
Amtssprachen in Kamerun sind Französisch und Englisch, zu Hause wurde Französisch gesprochen, so dass Colin jetzt zweisprachig aufwächst. Ansonsten gibt es in Kamerun zahlreiche regionale Landessprachen, selbst die Mutter und der Vater von Constance Ovona sprechen unterschiedliche Sprachen.
Übrigens war für die junge Afrikanerin nicht nur die Arbeit im Altenheim St. Cyriak neu, sondern auch die Einrichtung selbst, denn Altenheime sind in ihrer Heimat gänzlich unbekannt. Dennoch: „Die Arbeit im Altenheim gefällt mir sehr gut. Man muss sie aber von Herzen tun, sonst ist es unbefriedigend“, betont sie. Freizeit bleibt ihr neben Studium, Kind und Arbeit nur wenig. Immerhin hat sie an der Hochschule eine Reihe von Landsleuten getroffen, darunter eine entfernte Verwandte, ihrer Schätzung nach gibt es in Furtwangen mindestens 20 Studenten speziell aus Kamerun. Auch bei den „International Days“ der Hochschule sind sie mit einem eigenen Stand vertreten, Constance Ovona hofft, dass auch in diesem Jahr zahlreiche Furtwanger dem Stand des Landes einen Besuch abstatten.
Statt nach Berlin ist sie am Ende übrigens zur Botschaft ihres Landes nach Paris gefahren, denn von Straßburg aus sind es dorthin nur wenige Stunden und sie konnte bei einer Bekannten übernachten. Sehr anstrengend war in Paris nur der Weg zur Botschaft, den sie samt Kinderwagen in der Metro zurücklegen musste. Nun aber ist auch der kleine Colin ordnungsgemäß mit einem Pass ausgerüstet, die Bürgerstiftung machte es möglich.
Zweck der 2012 gegründeten Bürgerstiftung ist unter anderem die lokale Förderung des bürgerschaftlichen Engagements, der Jugend- und Altenhilfe, von Bildung und Erziehung, von Kunst und Kultur, der Heimatgeschichte und des Denkmalschutzes sowie die Unterstützung bedürftiger Bürger(innen).
„Auch in Furtwangen gibt es Armut“, betont Fritz Funke. Bei besonderen Härten kann die Bürgerstiftung einspringen, sie arbeitet auch eng mit den örtlichen Beratungsstellen von Caritas und Diakonie zusammen. Dabei wird auf strenge Diskretion geachtet, selbst bei den Beratungen des Vorstandes werden keine Namen genannt, die Hilfen werden unbürokratisch gewährt. Die Spenden werden zu 100 Prozent für die Ziele der Stiftung eingesetzt, denn die Stiftungsmitglieder, der Vorstand sowie der Stiftungsrat arbeiten streng ehrenamtlich, auch ohne jede Aufwandsentschädigung.
Das Stiftungskapital darf nicht angetastet werden, lediglich die Zinsen dürfen verwendet werden. Spenden allerdings sind vollständig für die Stiftungszwecke einzusetzen, sie müssen sogar bis zum Ablauf des folgenden Kalenderjahres verwendet werden
Quelle: Schwabo Furtwangen, 08.05.2015